Freitag, 21. September 2012

Schlemmerreise Normandie

Salut, c'est moi! Auch der schönste Urlaub hat einmal ein Ende. Natürlich muss ich meine Eindrücke und kulinarischen Errungenschaften mit euch teilen, so bleibt vielleicht die ein oder andere Erinnerung an Meer, Sonne und Genuss noch ein wenig haften... 


Unsere Reise ging heuer in die Basse-Normandie, genauer gesagt nach Cardonville, ein idyllisches Dörfchen nahe Isigny-sur-Mer und Bayeux. Dort bezogen wir ein liebevoll eingerichtetes und geschmackvoll renoviertes Ferienhaus, zugehörig zu einem typisch französischen Bauernhof. Die Region liegt im Norden Frankreichs an der Atlantikküste. Hier fanden 1944 die Landungen der Alliierten an den Stränden Omaha- und Utah Beach statt, die der Beginn der Befreiung Frankreichs und Europas von Nazi-Deutschland waren ("D-Day"). Man kann überall noch Bunkeranlagen sehen, die sich mittlerweile in die Landschaft eingefügt haben. Während der "Operation Overlord" schaltete ein US-amerikanisches Bataillon bei Pointe du Hoc, einem 30 Meter hohem Steilabschnitt der Küste, deutsche Stellungen aus.


An Sehenswürdigkeiten mangelt es der Normandie nicht. Wem die malerischen Strände,  Landschaften und geschichtlichen Anlaufpunkte nicht ausreichen, kann sich z.B. auf den Weg zum Mont-Saint-Michel machen. Die im Wattenmeer liegende Insel mit der beeindruckenden Benediktiner-Abtei ist absolut eine Reise wert! Für mich das französische Neuschwanstein - wenn nicht gar noch viel viel schöner!

Isigny-sur-Mer mit seiner Molkerei ist bekannt für regionale Milchspezialitäten wie Käse aller Art, Butter, Fromage frais, Crème fraîche und mit Fleur de Sel verfeinerte Butterkaramellen. Die beurre salé (gesalzene Butter) der Normandie ist goldgelb und so cremig, dass man nicht mehr braucht als Butter und Baguette. Allein vier der berühmtesten Käsesorten Frankreichs werden hier hergestellt: der Pont l'Évêque, der nur vor Ort gelingt, da er sehr frische und fetthaltige Milch benötigt, Livarot, der mit strengem Roquefort zu vergleichen ist, der würzige Neufchâtel-en-Bray und natürlich cremiger Camembert. Für einen Käse-Addict wie mich quasi Wallfahrtsort!

Die direkte Lage am Atlantik ermöglicht außerdem eine grandiose Auswahl an  Meeresfrüchten. Austern, Crevetten, Hummer, Mies- und Jakobsmuscheln, Krebse... sind entweder fangfrisch in den Fischläden oder Sonntags auf den Marktplätzen der Ortschaften zu erstehen. Selbst die Supermärkte bieten einmalig frische Ware an. Austernfarm. Dort werden nicht nur Austern gezüchtet, es legen vormittags auch Fischerboote an und lagern ihre Ausbeute an Krustentieren in Wasserbecken um sie von dort aus an Händler weiterzuverkaufen. Um einmal in den Genuss von "frischer geht es nicht" zu kommen, schwangen wir uns also in aller Früh auf die Räder. In der Farm angekommen durften wir unsere Austern, zwei Hummer und vier Krebse aus den Wasserbecken wählen, die dann gewogen und in Plastiktüten verpackt wurden - lebend versteht sich. Erst im Fahrradkorb verstaut und zuhause im Spülbecken zwischengelagert, machten wir uns Gedanken über die Zubereitung. Zu unserem Entsetzen empfahl uns die Mitarbeiterin der Farm nämlich die Garmethode im kalten Wasser, das langsam erhitzt wird. Wie es dann letztendlich von meinen Mitessern zubereitet wurde kann ich nicht sagen - ich habe während des Garprozesses lieber Postkarten geschrieben...
Crevetten, Auster

Hummer, Miesmuscheln

Unser Abendmahl bestand also meist daraus, selbst gepulte Crevetten in eine Limetten-Knoblauch-Vinaigrette oder Avocadocreme einzutunken, Austern zu schlürfen und mit einer Käseplatte, frischem Baguette sowie einer Flasche Cidre den Abend zur Neige gehen zu lassen... im Garten unseres pittoresken Hauses, mit Blick auf den hofeigenen, herzallerliebsten Esel. Ein Leben wie die Götter in Frankreich!

Esel, Cidreverkostung, Le Mont-Saint-Michel



Da die normannische Küche regionaltypisch durchaus auch deftig sein kann und wir natürlich alle Facetten durchschmecken wollten, entschieden wir uns in der Boucherie für Paupiettes de veau. Die mit einer feinen Farce gefüllten kleinen Kalbfleischpäckchen sind mit den deutschen Rouladen zu vergleichen. Dazu zauberte mein Freund Sauce Normande (Soße aus Butter, Zwiebeln, Crème fraîche, Cidre) und Salzkartoffeln.

Von der sehr herzlichen Gastfamilie wurden wir fast täglich mit frischer Milch und Eiern versorgt. Was gibt es Herrlicheres, als am Morgen an einem Frühstückstisch zu sitzen, reich gedeckt mit Crêpes, Brioche, Feigen- und Aprikosenkonfitüre, Lavendelhonig und sich dabei frische Milch in den Kaffee zu gießen? Mir fällt nur die Käseplatte am Abend ein... 

Créme Caramel, Mokka-Éclairs



Obstsalat mit Crème Normande au Calvados

Auch beim Nachtisch sind in Frankreich Milchprodukte dominierend. So setzten wir unserem scheinbar kalorienarmen Obstsalat aus reifen Feigen, Birnen, Äpfeln und Aprikosen ein Hütchen aus Crème Normande au Calvados auf, natürlich im Laden der hiesigen Molkerei erworben. Klassiker wie Crème Caramel, Clafoutis und Île flottante durften auf dem Speißeplan natürlich auch nicht fehlen. Süße Kleinigkeiten aus der Patisserie waren zum Nachmittags-Café ebenso unwiderstehlich: Sablé de Caen (Sandkekse aus der Stadt Caen) bestehen zur Hälte aus Butter und schmecken entsprechend köstlich. In den Boulangerien findet man auch in der Normandie das für Frankreich typische Gebäck: Éclairs mit Mokka- oder Schokoladenfüllung, süße Tartes und Törtchen, Madeleines und Petit fours.  



Trotz der doch fast zehnstündigen Fahrt, die wir mit Übernachtung in Cambrai auf zwei Etappen fuhren, habe ich mir diesmal etliche Köstlichkeiten mitgebracht. Aus dem Molkereiladen von Isigny Sainte-Mère landeten ein Glas unglaublich cremige Crème fraîche, Camembert d'Isigny, Mimolette jeune (junger würziger Hartkäse), Butterkaramellen und natürlich die köstliche beurre salé in unserer Kühlbox. Ich gönnte mir außerdem Piment d'Espelette, Bourbon-Vanilleextrakt, eine Tarteform mit lösbarem Boden, meinen unglaublich guten Senf von Maille, den ich schon im Elsass entdeckt hatte, Fleur de Sel und Huile de Colza (hiesiges Rapsöl). Bei einer Cidreverkostung im Anwesen eines selbst produzierenden Landwirts erstand ich köstlichen Cidre brut und doux (herb und süß), Pommeau (Digestif aus Calvados und Apfelsaft) sowie Cidaigre (Cidre-Essig). Gern hätte ich noch das sehr leckere sirupartige Cidre-Gelee mitgenommen, jedoch musste ich irgendwann im Kaufrausch auch mal an meinen stöhnenden Geldbeutel denken.

Die Landschaft der Normandie ist wunderschön, die Städte bezaubernd im französisch-pittoresken Charme und die Strände sowohl zum Baden als auch für ausgedehnte Spaziergänge wie gemacht! Hobby-Gourmets kommen durch die Frische und Qualität der regionalen Spezialitäten voll auf ihre Kosten! Mein Rat: Im nächsten Urlaub auf in die Normandie! Allez!


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